Nur kinderlose Frauen in Deutschland schneiden im internationalen Vergleich gut ab. Wer Kinder betreut und Alte pflegt, ist benachteiligt (Foto: rawpixel/Pixabay)

Vereinbarkeit von Familie, Sorgearbeit und Erwerbstätigkeit

Das Leitbild der deutschen Familienpolitik ist bis heute das modifizierte Alleinernährer-Modell, bei dem der männliche Partner die Haupterwerbstätigkeit übernimmt, während die Partnerin durch eine Teilzeitbeschäftigung zum Familieneinkommen beiträgt und alleine die Sorgearbeit innerhalb der Familie leistet

Rechtlich wurde dieses Leitbild zwar bereits in den 70er Jahren abgeschafft, jedoch schafft der deutsche Staat durch steuerliche Regelungen sowie durch das Sozialversicherungssystem finanzielle Anreize, die die Praxis dieses Lebensmodells unterstützen:

Steuerliche Hintergründe

Das Ehegattensplitting ist in Bezug auf den Grundgesetzauftrag, Frauen und Männer gleichzustellen, ein Fehlanreiz, der die eigenständige Existenzsicherung für die Person mit geringerem Einkommen erschwert. Durch gesellschaftliche Rollenbilder und strukturelle Diskriminierung sind es in heterosexuellen Ehen meistens die Frauen, welche ein niedrigeres Einkommen beziehen. Die Steuervorteile durch das Ehegattensplitting begünstigen, dass eine Person kein oder wenig Einkommen bezieht – meistens die Frau. Die Frauen in der Steuerklasse V zahlen überproportional höhere Steuern, verlieren damit bares Geld und überlassen den ihnen zustehenden Grundfreibetrag dem Mann. Frauen verlieren bei dieser Steuerkombination Geld, sind stärker finanziell abhängig und traditionelle Rollenbilder werden reproduziert!

Bis zu einer vielfach geforderten Abschaffung versucht die Bundesregierung lediglich mit der Option der Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktorverfahren entgegenzuwirken. Zwar will die Bundesregierung die Steuerklassenkombination III/V abschaffen und in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV überführen. Das Faktorverfahren bei der Steuerklasse IV, das Ehepaare und eingetragene Lebenspartner*innen anstelle der Steuerklassenkombinationen III/V oder IV/IV wählen können, ist ein Anteilsmodell zur gerechteren Besteuerung ungleicher Einkommen und soll die der Steuerklasse V zugeschriebene Hemmschwelle für Erwerbstätigkeit senken. Beim Faktorverfahren zahlt die-/derjenige mit dem geringeren Einkommen auch weniger Lohnsteuer. Das höhere Nettoeinkommen hat auch Auswirkungen auf die später zu erwartende Rente. Details zu den Auswirkungen hat die Gleichstellungsministerkonferenz im Februar 2017 veröffentlicht. Trotz der geplanten Abschaffung der Steuerklassenkombination III/V bleibt der Steuervorteil für Ehepaare mit ungleich hohen Einkommen bestehen.

Deswegen fordert der DFR e.V., wie andere Verbände und Expert*innen, die Einführung der Individualbesteuerung. Das Einkommen jeder natürlichen Person sollte einzeln besteuert werden, unabhängig vom Familienstand. Dabei müssen endlich mehr Aspekte verschiedener Lebensrealitäten, wie geschlechtsbedingte Unterschiede beim Einkommen, bei Erwerbsmustern, familiären Zuständigkeiten oder der Segregation des Ausbildungs- und Arbeitsmarktes, in die Steuernorm einbezogen werden.

Erwerbsbeteiligung

Was die Erwerbsbeteiligung von Frauen ohne Kinder angeht, schneidet Deutschland laut OECD (Organisation for Economic Cooperation and Development) international gut ab (OECD 2017, IAQ 2020).

Die Care-Arbeit jedoch beeinträchtigt Frauen im Erwerbsleben stark. Das Pflegestärkungsgesetz unterstützt zwar pflegende Angehörige, jedoch ist die Reduzierung der Arbeitszeit auf maximal zwei Jahre begrenzt. Nicht ausreichende Kinderbetreuungsangebote sowie ungünstige Arbeitszeiten erschweren Müttern eine Rückkehr in das Berufsleben. Die Bundesregierung hat durch neue Maßnahmen wie die Einführung des Elterngeldes als Lohnersatzleistung, das von jungen Paaren gut angenommen wurde, einen fortschrittlichen Beitrag geleistet.

Dennoch bleibt die Vereinbarkeit von Familie, Sorgearbeit und Erwerbstätigkeit vor allem für jüngere Eltern problematisch.

Women Empowerment in Deutschland und Israel: Online-Veranstaltung zum Internationalen Frauentag am 8. März 2021

Zum Internationalen Frauentag initiierte der Medienausschuss des DFR e.V. am 8. März 2021 die Online-Veranstaltung „Wie steht es mit dem Women Empowerment in Deutschland und Israel?“.

Der Talk zwischen Jenny Havemann, israelische Unternehmerin, und Vanessa Eisenhardt, Doktorandin an der Ruhr-Universität Bochum, zeigte wie es um die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in zwei verschiedenen Ländern und zwei unterschiedlichen Berufsbereichen steht. Doppelbelastung durch Homeschooling und Home-Office, durch die Coronakrise, aber auch lang bestehende Ungleichheiten bei Gehältern und bei der Förderung von Existenzgründerinnen und Akademikerinnen verdeutlichen, wie wichtig der Kampf für Gleichberechtigung bleibt. Austausch und Bildungsarbeit sind wichtige Instrumente, um die Teilhabe von Frauen zu fördern und zu stabilisieren. So war die Online-Veranstaltung ein großer Gewinn für den DFR e.V. und unsere feministische Arbeit.